Im SZ Magazin vor einigen Monaten erklärte der Spitzensport-Mentaltrainer Thomas Baschab, welche Tricks Profis im Alltag helfen. Wie sich etwa Roger Federer bei einem nicht so gut laufenden Match „sich in sein besseres Selbst versetzt!“ um Schwächen zu überwinden und das Spiel doch noch zu drehen. Eine mentale Technik, sich in ein anderes System hineinzuversetzen, die akut Ergebnisse bringen mag.
Doch wie praktikabel sind solche Methoden für unsere alltäglichen Zielsetzungen, sei es im sportlichen oder beruflichen Bereich? Trotz aller guten Vorsätze die Jogging-Kilometer nicht zu schaffen, ebenso wie den angepeilten Karriereschritt? Die einfache Antwort Baschabs darauf: „Wir machen den Fehler, uns zu viel vorzunehmen. Wir setzen uns bewusst Ziele, doch am Ende hat das Unterbewusstsein die Kontrolle übernommen, das im Grunde nicht zu Höchstleistungen antreibt.“ Denn ein gewisses Maß an Disziplinschwäche ist uns allen eigen, dann setzt der Bequemlichkeits-Effekt ein, der uns die hochgesteckte Latte reißen lässt.
Dafür hat der Mentaltrainer diese Formel gefunden: „Erwartung minus Realität gleich Frustration. Dem eigenen Anspruch nicht gerecht zu werden, schlägt unglaublich aufs Selbstwertgefühl.“ Und er hat folgenden Rat, der sich auf alle Lebensbereiche übertragen lässt: „Das Prinzip heißt: minimale Kontinuität. Nimm dir die kleinste denkbare Einheit vor, aber mach sie immer.“
Handlung vor Ergebnis
Baschab erläutert das an zwei unterschiedlichen Arten von Zielen: „Ergebniszielen und Handlungszielen. Sehr viele Menschen beschäftigen sich ständig mit (zu hoch gesetzten / Red.) Ergebniszielen: Ich will den Punkt gewinnen, das Match, das Turnier. Ich möchte die Prüfung bestehen, im Vorstellungsgespräch überzeugen. Ergebnisziele haben zwei Nachteile: Sie sind nicht sicherzustellen und sie üben Druck aus. Handlungsziele sind einfacher sicherzustellen und üben viel weniger Druck aus. Beim Tennis wäre das: Ich gehe heute ans Netz. Ich spiele Volleys. Ich greife an. Ich spiele auf die Rückhand des Gegners. Handlungsziele sind für die kurzfristige Aktion sinnvoll, Ergebnisziele für die langfristigen.“
Kleine Schritte führen sicherer ins Ziel
Ein valides Handlungsziel im beruflichen Bereich könnte demnach sein, eine einzelne Schwäche zu überwinden versuchen, etwa mit diesem Vorsatz: Ich bereite mich gründlicher als bisher auf Verhandlungen vor und plane dafür immer eine Extrastunde Zeit ein. Die wahre Hürde sieht Baschab denn auch „im Anfangen, nicht im Tun.“
Der Motivationstrainer hat dabei einen besonderen Rat für Frauen, die nach seiner Erfahrung einen extrem hohen Perfektionsanspruch haben und sich gerne Ergebnisziele stecken. „Frauen stellen sich ständig in Frage, obwohl sie keine Gründe dafür haben, Männer stellen sich nicht in Frage, obwohl sie jede Menge Gründe dafür hätten. Wenn eine Frau eine Stellenanzeige sieht mit zehn Kriterien, und eine davon erfüllt sie nicht, dann bewirbt sie sich nicht. Ein Mann liest die Stellenanzeige, eine der zehn Kriterien passt, er bewirbt sich. Das Thema, das ich bei Frauen meistens anspreche: dass sie es akzeptieren, gut zu sein, und nicht versuchen, perfekt zu sein.“
Ob sich diese Sichtweise des Mentaltrainers verallgemeinern lässt, sei dahingestellt. Für alle Geschlechter kann jedoch einer der Grundmechanismen des mentalen Trainings gelten: „Es wird leichter, die Ziele zu erreichen, die man erreichen möchte, wenn man sich vorstellt, dass man sie erreicht.“ Die richtige mentale Vorbereitung auf die Zielsetzung – idealerweise mit der Unterscheidung von Ergebniszielen und Handlungszielen – vergrößert in jedem Fall die Chancen aufs Gelingen.