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Frühjahrsputz von innen

Zum Frühjahr hin mal wieder richtig saubermachen zu Hause ist ein von vielen praktiziertes Ritual, dessen Nützlichkeit außer Frage steht. Schließlich will man sich nicht dauerhaft mit den getrübten Fensterscheiben, alten Fusseln unterm Mobiliar und manch anderen angesammelten Überbleibseln des vergangenen Jahres umgeben. Und dazu sollte eigentlich auch gehören, dass man sich nicht nur von äußerlichen, sondern auch von innerlichen Lasten befreit. Die Süddeutsche Zeitung gab dazu schon vor einiger Zeit „elf Tipps, die rundum gut tun in dieser Zeit“ unter dem Motto „Frühjahrsputz für Körper und Geist“.

Wir wollen diese hier in Kurzfassung wiedergeben und kommentieren, da einiges daraus ja ohnehin als Selbstverständlichkeit gelten kann. Wie zum Beispiel die Ratschläge „ausreichend Wasser trinken“, „endlich besser schlafen“ oder endlich mal das immer wieder aufgeschobene „zur Vorsorge-Untersuchung gehen“ zu realisieren. Viel wichtiger erscheint uns dabei der Rat des Autors Michael Bordt, Jesuitenpater, Philosoph und Meditationslehrer, auf den wir am Schluss des Artikels eingehen. Doch zunächst eine Auswahl der aus unserer Sicht zielführenden Tipps aus dem Beitrag, die relevant und hilfreich sein können.

„Ziele stecken und diese auch erreichen“ 

Vieles von dem, was man sich vornimmt, scheitert an zu hoch gesteckten Zielen. Der im Beitrag zitierte Mentaltrainer Thomas Baschab, der Spitzensportlerinnen und -sportler wie Angelique Kerber oder Felix Neureuther trainiert hat, erklärt seine wirksamste Methode so: „Wenn Sie viermal 40 Liegestütze vor sich haben, ist das so anstrengend, dass ihr Unterbewusstsein alle möglichen Impulse aussendet, diese 40 Liegestütze zu umgehen.“ Also die 40 Liegestütze zwar anpeilen, aber erstmal mit 10 anfangen – und dann langsam steigern. „Das wahre Problem ist das Anfangen, nicht das Tun. Das Prinzip heißt minimale Kontinuität. Nimm dir die kleinste denkbare Einheit vor, aber mach sie immer,“ rät Baschab. 

„Diät? Lieber lernen, wie man intuitiv isst“ 

Die Mitautorin Cornelia Fiechtl, klinische Psychologin aus Wien und Ernährungsberaterin meint dazu, dass eine Diät zu viel Selbstkontrolle erfordert. Deshalb rät sie zum „Nonplusultra der Ernährungsforschung“, dem intuitiven Essen. In dessen Mittelpunkt steht „eine ausgewogene, vielfältige Ernährung, die sich keine Schranken auferlegt“ – abgesehen natürlich von der Menge. Und die Frage, was der eigene Körper gerade wirklich brauche: „Habe ich wirklich Hunger oder esse ich nur, weil ich gerade sehr gestresst bin und mich mit dem Essen beruhigen will?“ Und dann würde schon eine kleine Auszeit wie ein Spaziergang besser helfen, als eine Tüte Chips. „Wer diesen Zugang zu den eigenen Bedürfnissen findet, verliert schnell und von sich aus den Heißhunger auf Croissants, Burger und Pizza.“ 

„Resilienz lernen“ 

Wie man seelische Belastungen besser aushält, erklärt die Resilienzforscherin Michèle Wessa von der Johannes-Gutenberg-Universität so: „Da wäre zunächst die Selbstwirksamkeit, also der Glaube daran und die Erfahrung davon, durch das eigene Tun etwas zu schaffen, zu bewältigen. Situationen nicht fatalistisch, schicksalsergeben, passiv zu erleben, sondern sich aktiv zu ihnen zu verhalten.“ Dazu gehört das bewusste Erleben der Selbstwirksamkeit, die Wahrnehmung etwa beim Revue-Passierenlassen des Tages, dass man auch Erfolge verbuchen konnte, seien diese auch noch so klein. Diese aktive Verinnerlichung von positiven Ereignissen kann zu einer grundsätzlich optimistischen Grundeinstellung führen, zu mehr Resilienz und Krisenfestigkeit. 

„Meditieren lernen“ 

Und hier wären wir beim Rat des Autors und Meditationslehrers Michael Bordt, der als einfachste Übung für Meditationsanfänger das Atmenlernen vorschlägt: „Dreimal atmen – und während dieser drei Atemzüge versuchen, nicht abzuschweifen. Klingt einfach? Ist es überhaupt nicht, zumindest für Anfänger. Schnell springen die Gedanken, selten sind sie lediglich auf den eigenen Atem fokussiert.“ Das kann der Einstieg sein in eine Welt, in der ungeahnte Ressourcen unserer Persönlichkeit stecken und sich neue Horizonte öffnen. 

Bordt meint dazu weiter, was wir nur unterstreichen können: „Viele Leute glauben, durch Meditation leistungsstärker zu werden. Aber dann lernen sie, dass da viel mehr für sie drinsteckt: ein Weg zu einer immer tieferen Selbstwahrnehmung, einem versöhnteren Leben, in dem man stärker mit den eigenen Quellen in Kontakt kommt und daraus lebt.“ 

Selbstbestimmung im Arbeitsalltag

In Artikel 2 des Grundgesetzes heißt es: „Jeder hat das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit...“ also die Freiheit, über sein Leben selbst zu bestimmen, ein Menschenrecht, das auch durch unsere Verfassung geschützt ist. Der Wunsch „Herr über sich selbst“ zu sein, ist in unserer Psyche fest verankert. Doch wirkliche Selbstbestimmung oder Autonomie lässt sich gerade im Arbeitsumfeld oft nur schwer realisieren. 

Vor allem Personen im unteren und mittleren Management sind laut „Wirtschaftswoche“ häufig betroffen, die über zunehmende Fremdbestimmtheit klagen, „gefangen zwischen Meetings und Präsentationen, Geschäftsreisen und Personalgesprächen, den Wünschen ihrer Mitarbeiter und den Ansprüchen der Vorgesetzten.“ 

 

Nur ein fremdbestimmtes Rad im Getriebe?

Und diese Gruppe leidet auch am meisten unter dem Verlust der Selbstbestimmtheit, oft mit dem Risiko von Burn-out Erscheinungen, das erst in den Top-Etagen wieder sinkt, wie der Studienautor Niels Van Quaquebeke im Rahmen einer Untersuchung der Kühne Logistics University in Hamburg feststellte. „Dafür sorgt das deutlich höhere Maß an Autonomie, über das die Manager dort verfügen.“ 

 

Im mittleren Management dagegen herrscht oft ein Gefühl der Ohnmacht, ausgelöst bereits dadurch, dass schon die Reihenfolge des Vorgehens oder das Arbeitstempo nicht selbst bestimmt werden kann. Aufgerieben im Alltagsgeschäft und ständig eingespannt zwischen den Erwartungen von Kunden, Geschäftspartnern, den eigenen Teammitgliedern bis zum Vorstand. Gelegenheit für zurückgezogenes Arbeiten ohne Unterbrechungen, für kreative Gedanken und strategische Planung bleibt dabei meist kaum.  

 

Mehr Autonomie = mehr Leistung

Dabei ist selbstbestimmtes Arbeiten vor allem ein wichtiger Motivationstreiber. Je motivierter Mitarbeiter sind, desto produktiver sind sie und umso höher ist die Qualität der geleisteten Arbeit. Eine Formel, die sich immer wieder durch Praxiserfahrungen bestätigen lässt. Und davon profitiert letztlich auch der Arbeitgeber. Führungskräfte sollten deshalb in erster Linie Engagement fördern, Entscheidungen delegieren, Raum geben und Unterstützung bieten, statt enge Rahmen zu setzen und Mikromanagement zu betreiben. 

Weniger „straffe Zügel“ sind heute gefragt, sondern eine Unternehmenskultur der Partizipation, als zentraler Wert im Unternehmen. 

 

Doch was können vom allseitigen Druck Betroffene selbst tun, um den ständigen Termin- und Leistungsmarathon zu bestehen? Gibt es Wege aus dem Hamsterrad? Der erste Schritt zur Selbstbestimmung ist die Selbstwahrnehmung. Dazu kann unter anderem ein Perspektivwechsel gehören. Nicht nur die negativen Aspekte des Arbeitsumfelds zu sehen, sondern sich auch der Vorteile bewusst zu werden, die immer auch mit einer verantwortlichen und in der Regel gut honorierten Tätigkeit verbunden sind. Wenn sich Vor- und Nachteile die Waage halten, lohnt es sich zumeist an Veränderungen zu arbeiten, die zu einem besseren Selbstgefühl und letztlich mehr Selbstbestimmtheit im Job beitragen können. 

Karin Bacher Consultants
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