Posts from 2024-02-28

Arbeiten und Gesundheit

Auf 7mind sahen wir einen Beitrag zum Thema „Mit Prävention zum gesunden Arbeitsplatz“, den wir hier aus aktuellem Anlass kurz kommentieren wollen. Die Belastung ist in vielen Unternehmen für die Mitarbeitenden gerade besonders hoch, weil zurzeit in fast allen Branchen mannigfaltige Krisen zu bewältigen sind, bis hin zum existentiellen Kampf um das Überleben der Firma und den Arbeitsplatz schlechthin. 

Natürlich ist Prävention ein „Allrounder für dein Wohlbefinden“, wie es in dem Artikel vielversprechend heißt. Dort werden die Präventionsmaßnahmen in drei Kategorien eingeteilt: Primärprävention, Sekundärprävention und Tertiärprävention, welche sich auf die verschiedenen Belastungsebenen beziehen, die Arbeit „ungesund“ machen können. Und bei der Frage, was uns krank machen kann, taucht ganz schnell das zentrale Thema Stress auf und unseren Umgang damit. 

Vorbeugen ist „Unternehmens-Räson“? 

Im deutschen Arbeitsschutzgesetz heißt es: “Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird...” (ArbSchG, §4, Abs.1)  

Schön gesagt, doch wie ist mit stetig wachsenden Anforderungen umzugehen, wo ist die individuelle Leistungsgrenze erreicht, ab der man von einer Gefährdung sprechen kann? Was tun, wenn der Terminkalender keinen Platz für Pausen lässt und das zwischenzeitliche Abschalten dauerhaft verhindert? Ein Blick auf die grundsätzlichen Vorbeugemaßnahmen kann helfen, sich der eigenen Situation bewusst zu werden.  

  • Unter Primärprävention ist zu verstehen das aktive Verhindern von Krankheiten, wie zum Beispiel in erster Linie das Vorbeugen von Kreislauf-Erkrankungen, wozu in erster Linie Bewegung gehört und regelmäßige Entspannungsphasen während der Arbeit. Wenn das schon schwer fällt einzuhalten, sollte man bereits die nächste Stufe ins Auge fassen. 
  • Mit der Sekundärprävention ist das rechtzeitige Erkennen einer Erkrankung gemeint, um diese möglichst gleich im Frühstadium behandeln zu können. Oft werden deren Anzeichen nicht wahrgenommen oder ignoriert, was zum Beispiel die klassischen Vorsorgeuntersuchungen klären können – leider immer noch vielfach ungenutzt und damit vertane Chancen. Ein sehr deutliches Zeichen dafür an diese Prävention zu denken sind z. B. sehr häufige Erkältungen, langanhaltende Schlafstörungen.  
  • Wenn eine Erkrankung (physisch, psychisch) schon voll eingetreten ist, hilft nur noch die Tertiärprävention, also dass sich die Lage nicht weiter verschlimmert oder einem Rückfall vorbeugt, was zum Beispiel in einer Reha-Einrichtung stattfinden kann. 

Stress ist nicht vermeidbar, doch kontrollierbar

Bei Stress „in Sicht“ ist also die Primärprävention angezeigt, bei Stress „an der Türschwelle“ braucht es Maßnahmen zur Sekundärprävention, und beim „Stress als Mitbewohner“ hilft nur noch die Tertiärprävention.  

Das Schlüsselwort heißt „Stressbewältigung“, also der bewusste und kontrollierte Umgang mit oft unvermeidlichen Herausforderungen. Dazu gehört in erster Linie die eigene Körperwahrnehmung und die dadurch angezeigten Verhaltensänderungen. Anzeichen für Stress bei sich selbst erkennen und einordnen zu können, ist der erste Schritt, um dessen Auslöser gezielt zu vermeiden. 

Hier findest du mehr Informationen zu betrieblichem Stressmanagement. 

Was bedeutet Wohlbefinden?

Glück löst ein Wohlbefinden bei uns Menschen aus, es ist aber zeitlich begrenzt und hängt auch immer mit dem eigenen Wertesystem zusammen. Dem einen bedeutet es viel, eine funktionierende Familie zu haben und die Person hat daher Glücksgefühle beim gemeinsamen Sonntagsbraten. Ein anderer würde dies vielleicht eher als Belastung sehen, weil der Wert Familie schwach ausgeprägt ist und er sich nicht jeden Sonntag verplanen will. Wir erkennen also, Glück hat mit Emotionen zu tun, die ein bestimmtes Ereignis in uns hervorrufen in Verbindung mit unseren Werten.

Und dann gibt es noch die Grundbedürfnisse, deren Erfüllung zu unserem Wohlbefinden beitragen. Die US-amerikanische Psychologin Carol Ryff hat in mehreren Studien sechs Grundbedürfnisse herausgearbeitet, die für die Entstehung vom sogenannten psychologischen Wohlbefinden wichtig sind: Selbstakzeptanz, Umweltbewältigung, persönliches Wachstum, positive Beziehungen, Sinnerleben und Autonomie. Wie schon erwähnt, tragen sie zum Wohlbefinden bei. Sind sie alle erfüllt, ist schon eine Menge getan, aber noch nicht genug. Wir können diese Grundbedürfnisse und deren Auswirkungen zwar beeinflussen, aber nicht immer zu 100 Prozent. Woran liegt das? Wir werden bequem. Um uns dauerhaft seelisch gesund zu fühlen, müssen wir selbst eine Menge dafür tun. 

Gelungenes Leben – seelische Gesundheit

Psychologe Peter Becker hat in den 1980er-Jahren Werke von bekannten Psychologen beispielsweise Freud, Maslow, Allport, Menninger oder Frankl verglichen und dabei eine spannende Überschneidungsfläche herausgearbeitet. Becker ist überzeugt, um sich dauerhaft seelisch gesund zu fühlen, müsse ein Mensch zu diesen drei Dingen in der Lage sein:  

1. Selbstaktualisierung 

- also sich regelmäßig selbst zu fragen, ob das eigene Handeln als werthaltig erachtet wird. Oder was für einen selbst überhaupt werthaltig ist. Diese Fragen helfen:  

  • Wie sieht mein Leben aktuell aus? 
  • Welche Gefühle nehme ich dabei wahr? 
  • Was möchte ich in meinem Leben gerne erleben? 
  • Welche Werte vertrete ich? 

In unseren Einzelcoachings stellen wir diese und vertiefende Fragen und unterstützen so den oder die Coachee in seiner Selbstreflektion. Denn nach der Selbsterkenntnis fängt ja die Aktualisierung an. Also der persönliche Veränderungsprozess. Auch dafür gibt es fundierte Methoden. 

2. Selbstregulierung  

Sich selbst zu regulieren bedeutet, nicht jedem spontanen Bedürfnis nachzurennen. Denn oft geben diese Impulse nur kurzfristig ein Glücksgefühl. Typisch dafür sind Frust-Schokolade- oder Frust-Käufe-Exzesse. Hier kann es hilfreich sein, vor (impulsiven) Entscheidungen innezuhalten und in sich hineinzuspüren, wie sich bestimmten Gedanken und Emotionen anfühlen. Ein zutiefst achtsamer Ansatz.  

  • Welches eigentliche Bedürfnis steckt hinter meinem Verhalten oder meinen Impulsen? 
  • Wenn ich zu einer bestimmten Sache “Ja” sage, wozu sage ich dann gleichzeitig “Nein”? 

3. Sinnerleben  

Bedeutet hier: ein zielgerichtetes Leben sowie die Überzeugung, dass das Handeln eine Bedeutung hat. Diese Fragen können dabei hilfreich sein: 

  • Spüre ich bei dem Gedanken an einen Bereich meines Lebens einen inneren Widerspruch? 
  • Spüre ich im Alltag bei bestimmten Handlungen einen inneren Widerspruch? (Das gilt vor allem für Handlungen, von denen wir glauben, dass sie uns langfristig nicht zufrieden machen) 
  • Habe ich das Gefühl, nach meinen eigenen Werten zu leben? 

Wir stellen in unseren Einzelcoachings fest, dass das Thema Werte oft noch nie von unseren Coachees betrachtet wurde. Es ist ein fester Bestandteil in unsere Sessions 

 

Mehr zum Thema: In seinem Projekt humansarehappy schafft Leonard Gabriel Heygster eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Entstehung von Wohlbefinden. Im humansarehappy Podcast spricht er alle zwei Wochen mit Vertreter:innen aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft oder Politik über die Entstehung von Wohlbefinden, Zufriedenheit und Glück. 

Seine wichtigsten Erkenntnisse zum Thema Wohlbefinden teilt Leonard Gabriel Heygster regelmäßig auch bei Instagram. 

Quelle: Essay von 7Minds, 2023, Gastautor Leonard Gabriel Heygster 

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