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Mentale Erschöpfung

Viele Menschen haben manchmal das Gefühl, mental erschöpft zu sein, fühlen sich energielos, ausgelaugt und können sich auf nichts mehr konzentrieren. Es gibt inzwischen zahlreiche Studien, die belegen, dass dies eine Folge des weitverbreiteten Multitasking-Verhaltens ist, das von Vielen mehr oder weniger bewusst praktiziert wird. Also das gleichzeitige Bedienen verschiedener Medien, wie fernsehen und dabei am PC arbeiten oder dabei auf dem Smartphone herumwischen. 

Bei einfachen automatisierten Handlungen wie etwa Bügeln oder Fitnessübungen kann man sich schon einmal parallel einem Hörbuch widmen. Doch bei komplexeren Aufgaben, die Konzentration und ungeteilte Aufmerksamkeit erfordern, gelingt dies nicht mehr – jedenfalls nicht mehr effektiv. In einer Multi-Screen-Umgebung hin und her zu wechseln oder eine Split-Screen-Funktion zu nutzen, wie etwa einen Liveticker verfolgen, während in der anderen Bildschirmhälfte eine Excel-Tabelle zu bearbeiten ist, überlastet die Aufnahmefähigkeit unseres Gehirns. 

 

Unser Gehirn ist keine Maschine  

„Multitasking ist kognitiv nicht möglich“, sagte der Neurowissenschaftler Henning Beck vor einigen Monaten im Interview mit dem SZ-Magazin. Und er rät deshalb davon ab, dies etwa als Fähigkeit im Lebenslauf anzugeben. „Zwei Aufgaben gleichzeitig zu machen, funktioniert nicht. Es ist wie bei der Ernährung. Wenn man ein Hirn permanent füttert, muss es irgendwann verdauen, es entsteht ein Gefühl, dass die Zeit zu rasen scheint. Ein Gefühl von Vergesslichkeit, dass man nur schwer das Wichtige vom Unwichtigen unterscheiden kann, von einer permanenten Abgelenktheit.“  

Dazu liefert Beck weitere interessante Aspekte: „Das Gehirn ist wie die Nieren ein Organ, das immer gleich stark durchblutet wird. Also egal, ob ich jetzt losrenne und springe oder schwierige Rechenaufgaben löse oder einfach schlafe. Der Stoffwechsel ist nahezu gleich, also biochemisch auf demselben energetischen Niveau. Bei stundenlanger, komplexer Denkarbeit sammeln sich aber Stoffwechselprodukte im Gehirn an, und das Gleichgewicht der Botenstoffe gerät aus den Fugen. Wir sind geistig müde, das spüren wir fast körperlich.“  

Zum einen nimmt die Aufmerksamkeitsspanne ab, sodass man sich immer noch schlechter konzentrieren kann. Und daraus entsteht ein Überlastungs- und Abgeschlagenheitsgefühl, die mentale Erschöpfung. Doch wie ist dem entgegenzuwirken, wie kann unsere mentale Stärke und Konzentrationsfähigkeit positiv beeinflusst werden?  

 

Mach mal Pause  

Der wichtigste Rat des Neurowissenschaftlers Beck ist ganz einfach. „Das Gehirn hat – wie alle biologischen Systeme, ob Muskel oder Zimmerpflanze – Phasen, in denen es gestresst, also gefordert wird, wenn es Aufgaben bekommt, und Phasen, in denen es das verarbeiten muss. Wenn ich in einer Pause, also in der Verarbeitungsphase, eine neue Aufgabe erfülle und wieder neuen Input bekomme, werden die bereits konsumierten Informationen vom Gehirn verdrängt.“   

Deshalb sind Pausen wichtig, denn sie gehören damit auch zum aktiven Teil der Arbeit. Nur in Ruhephasen werden Sinnesreize wieder aufgerufen und verstärkt, wird Wichtiges von Unwichtigem getrennt. Für das Verhältnis von Arbeitszeit und Pausen zueinander sollte die Faustregel „fünf zu eins“ gelten, also 50 Minuten Arbeiten, zehn Minuten Pause.   

Dabei ist nicht nur absolute Ruhe oder gar Schlaf als Pause zu verstehen, auch Routinetätigkeiten wie Duschen, Spaziergänge und selbst Gartenarbeit eignen sich bestens. Es geht nur darum, sich für kurze Zeit etwas anderem hinzugeben, wie einfach dem Betrachten einer schönen Landschaft oder ein paar Minuten Lieblingsmusik zu hören und die Gedanken schweifen zu lassen.  

 

Bleib mal offline

Ebenso wichtig ist laut Hennig Beck auch eine Erkenntnis aus der Kreativitätsforschung, die belegt, dass Menschen oft bessere Einfälle haben, wenn sie allein sind. Denn dann sind auch Hirnareale aktiv, die sonst im Alltag „wegoptimiert“ werden, aber in Alleinsituationen wiederum als positive Impulsgeber wirken können. Dazu gehört unbedingt auch die Abwesenheit jeglicher Erreichbarkeit: kein Telefon, kein PC – also den „Encoding Effect“ zu nutzen.  

Sogar ein ausgeschaltetes Smartphone auf dem Tisch führt laut Beck nachweislich dazu, „dass Menschen sich schlechter konzentrieren können, weil ein Teil der kognitiven Kraft darauf verwendet wird, was mit dem Smartphone passieren könnte.“ An jedem Tag eine gewisse Zeit ohne digitales Gerät einzuplanen, ist deshalb sicher nicht die schlechteste Methode, um einer mentalen Erschöpfung vorzubeugen.  

Die Mär vom Multitasking und der Zeigarnik-Effekt 

Frauen wird ja nachgesagt, sie seien, anders als die Männer in der Lage, gleichzeitig viele Dinge zu tun und sogar zu denken. Schön wär’s. Aus neurobiologischer Sicht existiert Multitasking nicht. Unser Gehirn kann sich immer nur auf ein Thema konzentrieren. Unser Bewusstsein, so die Erklärung, hat zu jedem Zeitpunkt nur einen Inhalt. Wir können also tatsächlich Dinge nur nacheinander abarbeiten. 

Selbstführung

Was bedeutet dies für das Thema Selbstführung? Wenn ich mich auf eine Aufgabe konzentriere und diese zum Ende führe, schenkt mir dies Gedanken wie: „Ja, habe ich geschafft, ist erledigt, kann ich “abhaken“. Ich habe also das gute Gefühl, etwas vollendet zu haben. Gerade heutzutage ein sehr wertvolles Gefühl. Denn wie oft kommt es vor, dass Menschen sich nicht auf den Feierabend freuen können, weil noch so viel Unerledigtes die Gedanken dominiert, die unbeantworteten E-Mails, der nicht getätigte Anruf …  

Wenn ich es nicht hinkriege, mich immer wieder auf ein Thema zu fokussieren, komme ich nicht zur Ruhe. Die Fehlerrate steigt, wenn ich Dinge gleichzeitig mache – telefonieren und gleichzeitig eine Mail schreiben ist nicht nur dem anderen gegenüber unhöflich bis nicht wertschätzend, sondern es kann eine Kette von unangenehmen Ereignissen nach sich ziehen: Im Ton vergriffen, an die falschen Ansprechpartner geschickt, der Kunde merkt, dass man nebenher arbeitet und ist verärgert. 

Wir können nicht mehr allem gerecht werden 

Weil wir modernen Menschen nicht mehr allen Aufgaben gerecht werden können, fühlen wir uns schlecht. Wir versuchen möglichst viel gleichzeitig und in wenig Zeit zu stopfen und werden weder unseren Ansprüchen noch der gewünschten Arbeitsqualität gerecht. Denn bei vielen ist die Anerkennung durch Leistung ein Teil ihrer Prägung.  

Dass wir unser Pensum nicht mehr schaffen – dies hat definitiv nichts mit schlechter (Selbst-) Organisation oder mit zu wenig Anstrengung zu tun. Es ist einfach nicht mehr möglich – es sind zu viele Aufgaben. „In meinen Coachings und Trainings spreche ich immer wieder davon, wie wichtig es ist, ein vollendetes Projekt im Team zu feiern. Das nächste ist in der Regel bereits in der Pipeline oder hat meist schon gleichzeitig begonnen. Es ist sehr wichtig, innezuhalten und sich am Erfolg zu freuen und damit zu einem Abschluss zu kommen“, empfiehlt Beraterin und Coach Karin Bacher. Denn ohne dies kommt es bei uns Menschen schnell zu physischem und psychischem Unbehagen und auch im Team bricht die Leistung ein. 

Was bedeutet der Zeigarnik-Effekt? 

Den Begriff prägte 1927 die Psychologin Bljuma Wulfowna Zeigarnik an der Universität Berlin: Unerledigte Dinge lassen uns nicht los, wir befassen uns immer wieder damit und fühlen uns damit schlecht. 

Obwohl wir wissen, dass Multitasking nicht funktioniert, versuchen wir es trotzdem immer wieder. Die Folge - wir bringen Dinge nicht mehr zu Ende. Wenn wir hin und her springen, erledigen wir am Ende weniger. Und das ist der Beginn unseres selbst kreierten Teufelskreises. 

Tipps

Hier ein paar Tipps, wie man sich selbst aus dem Teufelskreis führen kann: 

 1. Eigene Grenzen setzen: Entweder ein Zeitlimit einhalten „Heute arbeite ich bis 18:00 Uhr und gehe dann zum Sport“ oder ein inhaltliches „Wenn ich diese eine Arbeit abgeschlossen habe, gehe ich nach Hause“. Mantra: Dann ist es genug. 

2. Streng nach Prioritäten arbeiten, die eigenen Ansprüche damit relativieren. Es ist einfach nicht möglich, alles zu machen. Also was ist wichtig, was muss ich wirklich diese Woche oder heute noch erledigen? So lange priorisieren, bis ein realistischer Plan dasteht. Mantra: Das wichtigste ist erledigt. 

3. Nicht das Gefühl haben, sich rechtfertigen zu müssen. Es bleibt immer etwas liegen, es ist einfach unmöglich, jede Mail sofort zu beantworten. Mantra: Ich gebe mein Bestes mehr geht nicht. 

4. Eins nach dem anderen erledigen, Fremdbestimmung so weit wie möglich reduzieren. Neinsagen lernen und Störendes abschalten. Es zu lassen, nicht jeden glücklich gemacht zu haben. Mantra: In der Ruhe liegt die Kraft. 

5. Gut in den Tag starten: Kleine Aufgaben von fünf bis 10 Minuten in der ersten Stunde erledigen. Am besten auf der To-do-Liste dann gleich durchstreichen. Der Tag beginnt gleich ganz anders … Mantra: Ich fühle mich gut, habe bereits etwas geleistet. 

Unterstützung durch Mantra

„Besonders das Mantra: „Ich gebe mein Bestes, mehr geht nicht“ hat mir sehr geholfen, meinen Perfektionismus zu relativieren. Auch ich habe lernen müssen, dass ich mir selbst mit meinen Ansprüchen im Weg stehe“, Beraterin Karin Bacher in einem Achtsamkeits-Workshop.

 

Karin Bacher Consultants
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Fon: +49 (0) 7231 4628 631
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