Die meisten Menschen haben sich bei der Frage, ob sie sich eher zu den Optimisten oder Pessimisten zählen, auf ersteres festgelegt. Weil das natürlich ein positiveres Selbstbild nach außen repräsentiert – aber auch ein zutreffendes? Kann ein Mensch überhaupt in jedem Moment optimistisch oder hoffnungsvoll sein und immer davon ausgehen, dass schon alles gelingen wird? Das ist kaum realistisch und eher naiv.
Unter eher selbstironischen Zeitgenossen findet man auch schon mal das Kokettieren mit einer meist nur vorgegebenen pessimistischen Lebenseinstellung – nach dem Motto „Die Optimisten haben das Flugzeug erfunden, die Pessimisten den Fallschirm“. Wodurch sie damit nicht ganz als Schwarzseher dastehen wollen. Denn: „Die wahren Optimisten sind nicht überzeugt, dass alles gutgehen wird. Aber sie sind überzeugt, dass nicht alles schiefgehen wird.“ (Friedrich Schiller)
Die Macht der Hoffnung
Und die vorgeblichen Pessimisten sehen sich damit als „Realisten“, die den heiklen Spagat zwischen Optimismus und Pessimismus souverän hinbekommen. Man kann mögliche Probleme oder Unheil kommen sehen, doch sich nicht ohne Hoffnung einfach darin ergeben, sondern sich auch seiner Stärken bewusst machen, die einen bis hierher gebracht haben. Und bei einigem Nachdenken über Lösungsmöglichkeiten neue Zuversicht entwickeln und das Glas wieder halb voll sehen.
Auf eine solche Lebenseinstellung kann man hinarbeiten, indem man sich bewusst macht, was einen ängstigt oder lähmt, welche Schwächen oder Defizite einen plagen, was man daran ändern könnte – und damit auch gleich wieder eine positive Perspektive entwickelt über das, was einem gefallen und freuen würde! So kann eine optimistische Grundhaltung entstehen auf „realistischer“ Basis.
Selbstmotivation oder Fremdhilfe?
Wer sich bei ehrlicher Selbstbeobachtung als deutlich pessimistischen Charakter einstufen muss, kommt oft nicht ohne Hilfe von außen weiter. Geplagt von ständigen Selbstzweifeln und Ängsten, bevorstehende Aufgaben nicht zu schaffen und mit bestimmten Situationen allein nicht zurechtzukommen. Wir sind überzeugt: nicht allein zu schaffen, ist kein Versagen. Die Autorin Heike Führ, die das Buch “Hoffnung – vom Pessimisten zum Optimisten“ geschrieben hat, gab in einem Interview der Süddeutschen Zeitung dazu den Rat, sich Hilfe zu suchen: „Das kann ein Freund oder eine Freundin sein, eine Therapeutin, ein Coach, je nachdem, wer einem näher ist.“
Und sie meinte zur Frage eines pessimistischen Menschen, der sich womöglich innerlich wehrt gegen eine optimistische Einstellung: „Werden Sie sich klar darüber, ob Sie das wirklich wollen. Es ist wichtig, sich immer wieder zu überlegen, ob man sein momentanes Leben tatsächlich wertschätzt oder ob man lieber ein anderes Leben hätte. Und bevor Sie jetzt fragen, wie das denn aussehen könnte, sage ich: Wenn man sich über diese grundlegenden Dinge Gedanken macht und Antworten findet, dann reflektiert man schon und kann feststellen, wie man empfindet. Dazu gehört allerdings auch schonungslose Offenheit sich selbst gegenüber, und das ist vor allem zu Beginn der Selbstreflektion nicht einfach. Stellen Sie sich deshalb konkrete Fragen wie: Was will ich? Was will ich nicht in meinem Leben? Kann ich das, was ich nicht will, ändern? Wenn ja: Wie? Halten Sie all das in einer Liste fest.“
Ihrem Fazit können wir uns nur anschließen: „Optimisten wollen sich nicht beherrschen lassen von schlechten Stimmungen, das heißt aber nicht, dass sie sie nicht zulassen. Sie geben ihnen eben nicht die Oberhand, vor allem nicht über einen längeren Zeitraum.“
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