Posts from 2024-10-23

Wie dem Winter begegnen?

„In un­se­ren Brei­ten­gra­den waren die Men­schen in den letz­ten Jahr­hun­der­ten dem jah­res­zeit­li­chen Wech­sel­spiel von Kälte und Wärme viel stär­ker aus­ge­setzt. Da­mals gab es keine gute Däm­mung, kaum Hei­zun­gen und erst recht keine Kli­ma­an­la­gen. Das führ­te wie­der­um zu einer her­vor­ra­gen­den An­pas­sung. Heut­zu­ta­ge sträu­ben wir uns da­ge­gen, aus un­se­rer Kom­fort­zo­ne aus­zu­bre­chen, das über­mä­ßi­ge Hei­zen ist ein klas­si­sches Zi­vi­li­sa­ti­ons­pro­blem. Das ganze Jahr über be­fin­den wir uns in un­se­rer ther­mi­schen Kom­fort­zo­ne. Sei es zu Hause, sei es im Ein­kaufs­zen­trum oder im Auto. Wir sind kei­nen Ex­trem­be­din­gun­gen mehr aus­ge­setzt. Des­halb sind wir schlecht vor­be­rei­tet. Auf Kälte und Hitze glei­cher­ma­ßen.“

Mit die­ser Breit­sei­te gegen den von vie­len emp­fun­de­nen und be­klag­ten „Win­ter-Blues“ be­ant­wor­te­te Käl­te­for­scher Erich Ho­he­nau­er in einem SZ-In­ter­view die Frage, wie wir uns am bes­ten auf die kalte Jah­res­zeit ein­stel­len könn­ten - ohne nur dar­über zu jam­mern. Der Ex­per­te für Käl­te­the­ra­pie im Spit­zen­sport forscht an der Uni­ve­si­tät SUPSI im Schwei­zer Kan­ton Grau­bün­den und hat auch gleich einen Trost parat für das kom­men­de oder auch nur ge­fühl­te Kälte-Un­ge­mach: „Auf­grund der sai­so­na­len Wech­sel zwi­schen kal­ten und war­men Tem­pe­ra­tu­ren haben wir in Deutsch­land gute ge­ne­ti­sche Vor­aus­set­zun­gen, um uns an diese Schwan­kun­gen an­zu­pas­sen.“

 

Wärme- und Käl­te­emp­fin­den ge­hö­ren zu un­se­rem na­tür­li­chen Le­bens­rhyth­mus

Al­ler­dings be­stä­tigt Ho­he­nau­er auch gleich ein wei­te­res Phä­no­men, näm­lich dass es beim Käl­te­emp­fin­den eine Dis­kre­panz zwi­schen Frau­en und Män­nern gibt. Was an der un­ter­schied­li­chen Haut­di­cke der Ge­schlech­ter liegt, denn die dicht unter der Ober­haut lie­gen­den Käl­te­sen­so­ren wer­den bei Frau­en etwas frü­her ak­ti­viert. Und was viel­leicht schon mal die oder an­de­re Dis­kus­si­on über Raum­tem­pe­ra­tu­ren im ge­mein­sa­men Schlaf­zim­mer er­üb­ri­gen kann, wenn man sich denn ein­fach auf ver­schie­de­ne Stär­ken von Bett­de­cken ei­nigt. Und ge­ne­rell soll auch – drin­nen wie drau­ßen – in­di­vi­du­ell an­ge­pass­te Klei­dung (Ach­tung: Iro­nie) dabei hel­fen, Tem­pe­ra­tur­schwan­kun­gen ohne Scha­den zu be­geg­nen.

 

Doch wie geht man nun all­ge­mein am bes­ten mit den be­vor­ste­hen­den Käl­te­ein­brü­chen um?

Hier­bei ist das Mind­set ganz ent­schei­dend, wie wir im Kopf mit der Kälte um­ge­hen. Wer schon mit der Er­war­tungs­hal­tung nach drau­ßen geht „ich hole mir eine Er­käl­tung“ hat gute Chan­cen auf eine sol­che. Wie der For­scher weiß, hat Er­käl­tung nur in­di­rekt mit Kälte und der emp­fun­de­nen Tem­pe­ra­tur zu tun: „Man er­käl­tet sich, weil ge­wis­se Teile des Im­mun­sys­tems nicht mehr op­ti­mal funk­tio­nie­ren, so­bald man sich tie­fen Tem­pe­ra­tu­ren aus­setzt. Die Schleim­häu­te wer­den schwä­cher durch­blu­tet und trock­nen aus und man ist an­fäl­li­ger für Bak­te­ri­en und Viren, mit denen man tag­täg­lich zu tun hat.“

 

Im Win­ter kür­zer tre­ten ja, aber keine to­ta­le Pas­si­vi­tät!

Das zur kal­ten Jah­res­zeit gerne emp­foh­le­ne „zur Ruhe kom­men“ soll­te man nicht falsch ver­ste­hen, etwa durch das re­flex­ar­ti­ge Ein­stel­len auf einen „Win­ter­schlaf­mo­dus“ und kör­per­li­che In­ak­ti­vi­tät – weil’s ja kalt ist. Das Re­sul­tat kommt ein paar Mo­na­te spä­ter: die eben­falls ge­fürch­te­te Früh­jahrs­mü­dig­keit, die sich wäh­rend dem Rück­zug aus dem Leben lang­sam auf­ge­baut hat. Dem kann und soll­te man ent­ge­gen­wir­ken durch ge­stei­ger­te Be­we­gung. Sich der Kälte be­wusst aus­zu­set­zen (na­tür­lich mit der rich­ti­gen Klei­dung) im Rah­men von Au­ßen­ak­ti­vi­tä­ten, vom ein­fa­chen Spa­zie­ren­ge­hen bis zum rich­ti­gen Win­ter­sport, nimmt die In­ten­si­tät des Käl­te­rei­zes und des­sen Wahr­neh­mung im Ge­hirn än­dert sich – und lässt uns Kälte als „nor­mal“ oder sogar an­ge­nehm emp­fin­den.

Käl­te­for­scher Ho­he­nau­er emp­fiehlt dazu: „Den ge­wünsch­ten Ge­wöh­nungs­ef­fekt kann man aber auch im Schlaf er­zie­len. Wich­tig ist, sich aus der Kom­fort­zo­ne her­aus zu trau­en. Wenn ich mich an die Kälte ge­wöh­nen möch­te, dann muss ich mich ganz be­wusst und re­gel­mä­ßig der Kälte aus­set­zen. Kalte Du­sche, kühle Räume, re­gel­mä­ßig spa­zie­ren gehen. Nicht ex­trem, son­dern eine suk­zes­si­ve Stei­ge­rung des Rei­zes... Es ist Win­ter und ein biss­chen Frie­ren ist er­laubt – und in Maßen auch ge­sund.“

Schreiben und Achtsamkeit

Acht­sa­mes Schrei­ben gilt als ein­fa­che, aber tief­grei­fen­de Acht­sam­keits­pra­xis, durch die das ge­schrie­be­ne Wort mehr Klar­heit bringt und eine po­si­ti­ve­re und ein­drück­li­che­re Wir­kung hat als das Ge­dach­te. Doch dafür muss man beim Den­ken erst­mal die Acht­sam­keit weg­las­sen, denn sie hin­dert uns even­tu­ell daran, frei und un­be­fan­gen zu for­mu­lie­ren – sich etwas von der Seele schrei­ben. Was dann dabei her­aus­kommt, zu­meist eher Frag­men­tä­res, Un­ge­schlif­fe­nes, führt al­ler­dings auf di­rek­tem Weg zu mehr Acht­sam­keit: Indem wir uns be­wusst damit aus­ein­an­der­set­zen und uns so selbst bes­ser ken­nen- und ver­ste­hen ler­nen.

Das Fest­hal­ten von Ge­dan­ken in Schrift­form darf dabei nicht zum Ehr­geiz füh­ren, tat­säch­lich „schriftreif“ zu for­mu­lie­ren. Das Ge­schrie­be­ne soll ja nicht zur Ver­öf­fent­li­chung die­nen, son­dern den Blick zu un­se­rem In­ne­ren öff­nen und er­wei­tern. Schrei­ben kann dabei zu einem Frei­le­gungs­pro­zess wer­den, bei dem in­ne­re Bil­der und Ge­füh­le Aus­druck fin­den, deren Wir­kung sich beim an­schlie­ßen­den oder auch erst spä­te­ren Durch­le­sen ent­fal­tet.

 

Schrei­ben als Form der Ei­gen­the­ra­pie

Schrei­ben wirkt heil­sam auf men­ta­le Pro­zes­se – ne­ga­ti­ve wie auch po­si­tiv emp­fun­de­ne – und kann unser Ge­fühls­le­ben und un­se­re Selbst­wahr­neh­mung stär­ken. Das „Deut­sche Fach­zen­trum für Acht­sam­keit“ (DFME) de­fi­niert es so: „Ex­pres­si­ves Schrei­ben gilt als eine der wis­sen­schaft­lich am bes­ten un­ter­such­ten psy­cho­the­ra­peu­ti­schen Selbst­hil­fe­tech­ni­ken. Ex­pres­siv be­deu­tet, sei­nem in­ne­ren Er­le­ben mit­tels Pa­pier und Stift einen Aus­druck zu geben. Die be­son­de­re Wirk­sam­keit des Schrei­bens soll in der emo­tio­na­len Hin­wen­dung und der sprach­li­chen Ver­knüp­fung von Fak­ten und Ge­füh­len be­grün­det sein.“

Und wei­ter: „Schrei­ben er­leich­tert die in­ne­re Aus­ein­an­der­set­zung mit be­las­ten­den Er­leb­nis­sen und un­ter­stützt deren Ver­ar­bei­tung. Tat­säch­lich be­le­gen zahl­rei­che Stu­di­en, dass emo­tio­na­les Lei­den durch Schrei­ben ge­lin­dert wer­den kann.“ Po­si­ti­ve Ef­fek­te sieht auch der ame­ri­ka­ni­sche Psy­cho­lo­ge Prof. James Pen­ne­bak­er, der dem schrift­li­chen Zum-Aus­druck­brin­gen von Ge­dan­ken eine er­höh­te Ak­ti­vi­tät des Im­mun­sys­tems und eine damit ein­her­ge­hen­de Stär­kung der kör­per­li­chen Wi­der­stands­kraft be­stä­tigt. Es soll sogar stress­re­du­zie­rend wir­ken und Op­ti­mis­mus und Krea­ti­vi­tät sti­mu­lie­ren.

 

Der in­ne­re Ge­sprächs­part­ner

In­tui­ti­ves Schrei­ben, wozu auch ein­fa­ches Ta­ge­buch­schrei­ben ge­hört, kann die geis­ti­ge Funk­ti­on des in­ne­ren Dia­logs ak­ti­vie­ren. Dabei kön­nen wir durch­aus auch auf meh­re­re Dia­log­part­ner in uns sto­ßen, je nach der ge­ra­de ein­ge­nom­me­nen Per­spek­ti­ve, denen wir auf­merk­sam zu­hö­ren soll­ten. Sie kön­nen als Kri­ti­ker, Zen­sor oder Rich­ter ge­gen­über uns auf­tre­ten und uns hel­fen, das Er­leb­te und dar­aus ent­ste­hen­de Ent­schei­dun­gen bes­ser ein­zu­ord­nen.

Zum acht­sa­men Schrei­ben braucht man keine be­son­de­ren Vor­aus­set­zun­gen oder Ört­lich­kei­ten, keine Ri­tua­le und Rou­ti­nen und schon gar keine kor­rek­te Recht­schrei­bung. Es geht immer und über­all, denn „acht­sam be­deu­tet auch ein­fach“, wie das DFME weiß. Nur soll­te man dabei nicht un­be­dingt die Dau­men am Smart­pho­ne be­nut­zen. Das hap­ti­sche Er­leb­nis von Pa­pier und Schreib­zeug, vom Blei­stift bis zum Fül­ler, ver­stärkt das Ge­fühl des tat­säch­li­chen „Fest­hal­tens“ und der sprich­wört­li­chen Ma­te­ria­li­sie­rung von Ge­dan­ken, die uns dann noch in­ten­si­ver be­wusst wer­den kön­nen.

Karin Bacher Consultants
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