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Gewaltfreie Kommunikation im Berufsleben: Ein Weg zu effektiver Zusammenarbeit

Gewaltfreie Kommunikation (GFK)

 

Im Be­rufs­le­ben sind wir täg­lich mit Her­aus­for­de­run­gen kon­fron­tiert, die nicht nur un­se­re fach­li­chen Fä­hig­kei­ten, son­dern auch un­se­re so­zia­len Kom­pe­ten­zen auf die Probe stel­len. Eine Me­tho­de, die sich als be­son­ders wert­voll er­weist, um Miss­ver­ständ­nis­se zu ver­mei­den und Kon­flik­te kon­struk­tiv zu lösen, ist die Ge­walt­freie Kom­mu­ni­ka­ti­on (GFK) nach Mar­shall B. Ro­sen­berg. Ich habe sie wäh­rend mei­ner Aus­bil­dung zur Busi­ness Coach ken­nen­ge­lernt und ver­tieft. Ge­fal­len hat mir daran gut, dass es sich um eine Hal­tung zu mir selbst und zu an­de­ren dreht. Mein Team und ich set­zen diese Me­tho­de in ver­schie­de­nen Mo­du­len un­se­res Füh­rungs­kräf­te­ent­wick­lungs­pro­gram­mes oder im Coa­ching ein. Denn: In einer Zeit, in der Team­ar­beit und ge­mein­sa­mer Er­folg immer wich­ti­ger wer­den, ist die Ge­walt­freie Kom­mu­ni­ka­ti­on ein Schlüs­sel zu einer ef­fek­ti­ve­ren und har­mo­ni­sche­ren Zu­sam­men­ar­beit.

 

Was ist Ge­walt­freie Kom­mu­ni­ka­ti­on?

Ge­walt­freie Kom­mu­ni­ka­ti­on (GFK) ist ein Kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­satz, der dar­auf ab­zielt, Be­zie­hun­gen zu stär­ken und Kon­flik­te ein­ver­nehm­lich zu lösen. Der Kern der GFK be­steht darin, ehr­lich aus­zu­drü­cken, was in uns vor­geht, und gleich­zei­tig ein­fühl­sam auf die Be­dürf­nis­se un­se­res Ge­gen­übers ein­zu­ge­hen. Dabei geht es nicht nur um die Worte, die wir wäh­len, son­dern um eine Hal­tung des Re­spekts, der Wert­schät­zung und des Ver­ständ­nis­ses.

 

Warum ist GFK im Be­rufs­le­ben so wich­tig?

Im be­ruf­li­chen Um­feld kön­nen Miss­ver­ständ­nis­se und un­ge­lös­te Kon­flik­te die Zu­sam­men­ar­beit er­heb­lich be­ein­träch­ti­gen. Un­aus­ge­spro­che­ne Be­dürf­nis­se und un­aus­ge­gli­che­ne Macht­ver­hält­nis­se füh­ren oft zu Frus­tra­ti­on und Stress, was die Pro­duk­ti­vi­tät und das Ar­beits­kli­ma ne­ga­tiv be­ein­flus­sen kann.

Die Ge­walt­freie Kom­mu­ni­ka­ti­on bie­tet eine Mög­lich­keit, Kon­flik­te früh­zei­tig zu er­ken­nen und kon­struk­tiv an­zu­ge­hen. Sie för­dert eine of­fe­ne und re­spekt­vol­le Kom­mu­ni­ka­ti­on, in der alle Be­tei­lig­ten ihre Be­dürf­nis­se ein­brin­gen kön­nen, ohne dass die Si­tua­ti­on es­ka­liert.

 

Die vier Schrit­te der Ge­walt­frei­en Kom­mu­ni­ka­ti­on

Ro­sen­berg hat vier Schrit­te for­mu­liert, die den Pro­zess der GFK struk­tu­rie­ren:

  1. Be­ob­ach­tung: Im ers­ten Schritt geht es darum, eine Si­tua­ti­on ohne Be­wer­tung oder In­ter­pre­ta­ti­on zu be­schrei­ben. An­statt zu sagen: „Du bist immer so un­zu­ver­läs­sig“, könn­te man for­mu­lie­ren: „Mir ist auf­ge­fal­len, dass du in den letz­ten zwei Wo­chen drei­mal zu un­se­ren Mee­tings zu spät ge­kom­men bist.“ Die­ser erste Schritt ist auch ein Muss in der Acht­sam­keit: Ohne zu be­wer­ten Si­tua­tio­nen wahr­neh­men.
  2. Ge­füh­le: Im nächs­ten Schritt be­nennt man die ei­ge­nen Ge­füh­le, die durch die be­ob­ach­te­te Si­tua­ti­on aus­ge­löst wur­den. Zum Bei­spiel: „Das hat mich frus­triert, weil ich pünkt­lich an­fan­gen woll­te und wir dann war­ten muss­ten.“ Die Ich-Form statt der an­grei­fen­den Du- oder Sie-Form nimmt den Vor­wurf aus einer Aus­sa­ge. Bei Feed­back ge­gen­über Mit­ar­bei­ten­den oder Kol­le­gen eine der wich­tigs­ten Me­tho­den.
  3. Be­dürf­nis­se: Hier geht es darum, das da­hin­ter­lie­gen­de Be­dürf­nis zu for­mu­lie­ren, das zu dem Ge­fühl ge­führt hat. In un­se­rem Bei­spiel könn­te das so aus­se­hen: „Mir ist es wich­tig, dass wir un­se­re Zeit ef­fi­zi­ent nut­zen und pünkt­lich an­fan­gen kön­nen.“ Auch hier blei­ben wir bei uns und Ich-Bot­schaf­ten.
  4. Bitte: Schlie­ß­lich wird eine kon­kre­te Bitte ge­äu­ßert, um die Si­tua­ti­on zu­künf­tig zu ver­bes­sern. Dabei soll­te die Bitte so for­mu­liert sein, dass sie po­si­tiv und rea­lis­tisch um­setz­bar ist: „Könn­test du in Zu­kunft dar­auf ach­ten, pünkt­lich zu den Mee­tings zu er­schei­nen?“ Diese Bitte ist als Ap­pell für das ge­wünsch­te Ver­hal­ten des an­de­ren zu wer­ten. Füh­rungs­per­so­nen ver­ges­sen – so un­se­re Er­fah­rung - häu­fig die­sen wich­ti­gen Part.

 

Prak­ti­sche An­wen­dung im Be­rufs­all­tag

Die An­wen­dung der GFK im Be­rufs­le­ben er­for­dert Übung und Ge­duld. Es kann hilf­reich sein, mit klei­nen Schrit­ten zu be­gin­nen, etwa indem man im nächs­ten Mee­ting be­wusst ver­sucht, Ur­tei­le und Vor­wür­fe zu ver­mei­den, und statt­des­sen die ei­ge­nen Ge­füh­le und Be­dürf­nis­se klar for­mu­liert. Auch das ak­ti­ve Zu­hö­ren ist ein wich­ti­ger Be­stand­teil: Sich die Zeit neh­men, wirk­lich zu ver­ste­hen, was das Ge­gen­über sagt, bevor wir re­agie­ren, ist sehr wert­voll.

 

Unser Fazit

Ge­walt­freie Kom­mu­ni­ka­ti­on nach Ro­sen­berg bie­tet einen wert­vol­len Rah­men, um im Be­rufs­le­ben auf eine Weise zu kom­mu­ni­zie­ren, die Ver­ständ­nis und Zu­sam­men­ar­beit för­dert. Indem wir ler­nen, klar und ein­fühl­sam zu kom­mu­ni­zie­ren, kön­nen wir nicht nur Kon­flik­te ent­schär­fen, son­dern auch ein Ar­beits­um­feld schaf­fen, das von Re­spekt und Ko­ope­ra­ti­on ge­prägt ist. Im heu­ti­gen Be­rufs­le­ben wird dies immer wich­ti­ger, um er­folg­reich zu sein.

Sicherheit in Vorstellungsgesprächen

Bewerbungssituation

Fang­fra­gen sind ein be­lieb­tes In­stru­ment bei po­ten­zi­el­len Vor­ge­setz­ten und HR-Re­crui­tern, um in Vor­stel­lungs­ge­sprä­chen her­aus­zu­fin­den, wie sou­ve­rän Be­wer­ber re­agie­ren, wenn sie Stress aus­ge­setzt sind. Im Han­dels­blatt wurde vor ei­ni­ger Zeit vor den „sie­ben fie­sen Stress­fra­gen“ bei Vor­stel­lungs­ge­sprä­chen ge­warnt und gleich bei­spiel­haf­te Lö­sun­gen dazu ge­lie­fert mit „wie Sie sou­ve­rän ant­wor­ten“ und „ganz si­cher be­stehen“.

Wir wol­len hier diese Fra­ge­tech­ni­ken auf­neh­men, da sie aus un­se­rer Sicht re­le­vant sind und auch häu­fig so oder ähn­lich in Vor­stel­lungs­si­tua­tio­nen ge­stellt wer­den. Wie je­doch im ein­zel­nen Fall dar­auf zu re­agie­ren ist, dürf­te mit den im Han­dels­blatt vor­ge­stell­ten spe­zi­fi­schen Ant­wor­ten kaum er­fasst wer­den. Des­halb las­sen wir die dort vor­ge­stell­ten Ant­wort­mög­lich­kei­ten ein­mal weg, da sie na­tür­lich sehr bei­spiel­haft sind und auf die kon­kre­te Si­tua­ti­on von Be­wer­ben­den in den sel­tens­ten Fäl­len genau pas­sen.

 

Die „Fang­fra­gen“:

  • „Tria­di­sche Frage im Vor­stel­lungs­ge­spräch: Mit wel­chen Wor­ten würde Ihr Le­bens­part­ner Ihre grö­ß­te Schwä­che be­schrei­ben?“
  • „Pro­vo­ka­ti­ve Frage an Be­wer­ber: Man mun­kelt, dass Ihr der­zei­ti­ger Ar­beit­ge­ber wirt­schaft­li­che Schwie­rig­kei­ten hat. Sie wol­len also schnells­tens das sin­ken­de Schiff ver­las­sen?“
  • „Si­tua­ti­ve Frage im Vor­stel­lungs­ge­spräch: Be­schrei­ben Sie eine Si­tua­ti­on, in der Ihre Ar­beit oder eine Ihrer Ideen kri­ti­siert wurde.“
  • „Spie­gel­fra­ge im Be­wer­bungs­ge­spräch: Ich habe den Ein­druck, dass es neben Ihrem Wunsch nach einem in­ter­na­tio­na­len Um­feld zwi­schen­mensch­li­che Grün­de gibt, die Sie zu einem Job­wech­sel ver­an­las­sen. Habe ich Recht?“
  • „Hy­po­the­ti­sche Frage im Vor­stel­lungs­ge­spräch: Wel­chen al­ter­na­ti­ven Le­bens­plan kön­nen Sie sich vor­stel­len?“
  • „Selbst­ein­schät­zungs­fra­ge an Be­wer­ber: Be­wer­ten Sie sich selbst auf einer Skala von eins bis zehn.“
  • „Fall-Frage im Vor­stel­lungs­ge­spräch: Sie be­kom­men den Auf­trag, eine Braue­rei zu bauen. Sie sind der CEO. Wen wür­den Sie als Lei­ter für das ope­ra­ti­ve Ge­schäft und wen als Fi­nanz­chef ein­stel­len und warum?“

 

Be­wer­ber wer­den ho­fiert – aber auch „ge­grillt“

Alle Fra­gen und viel wei­te­re ähn­lich lau­ten­de zie­len letzt­lich dar­auf ab, Kan­di­da­ten aus der Re­ser­ve zu lo­cken und so Per­sön­lich­keits­as­pek­te zu of­fen­ba­ren, die aus einem Be­wer­bungs­schrei­ben oder auch einem Le­bens­lauf kaum her­aus­zu­le­sen sind. Ob der oder die Fra­ge­stel­le­rin an­de­rer­seits in der Lage ist, die ge­ge­be­nen Ant­wor­ten auch rich­tig zu in­ter­pre­tie­ren und damit dem Be­wer­ber oder der Be­wer­be­rin einen po­si­ti­ven oder ne­ga­ti­ven As­pekt zu­ord­net, lässt sich am Ende nicht wirk­lich steu­ern. In­di­vi­du­el­le Be­wer­tungs­spiel­räu­me, die nicht sel­ten auch von Vor­ur­tei­len ge­prägt sind, spie­len immer noch eine Rolle, oft sogar eine ent­schei­den­de.

Be­wer­ben­de soll­ten sich grund­sätz­lich dar­auf ein­stel­len, dass ihnen auch in Zei­ten von all­ge­mei­nen Per­so­nal­eng­päs­sen keine roten Tep­pi­che aus­ge­rollt wer­den. Sie soll­ten sich des­sen be­wusst sein, dass nicht nur ihre Fach­kom­pe­tenz oder stra­te­gi­schen Fä­hig­kei­ten im Ge­spräch ge­prüft wer­den, son­dern auch The­men wie ihre Frus­tra­ti­ons­to­le­ranz, ihre Loya­li­tät und ihr Em­pa­thie­ver­mö­gen. Die wich­tigs­ten As­pek­te, wie beim „auf den Zahn-Füh­len“ zu re­agie­ren ist, lässt sich je­doch pau­schal zu­sam­men­fas­sen:

  • Bei pro­vo­ka­ti­ven Fra­gen vor allem nach der Selbst­ein­schät­zung will der Fra­ge­stel­ler, dass Be­wer­ber ihr Selbst­be­wusst­sein und ihre Selbst­ach­tung unter Be­weis stel­len. Doch Ach­tung: Der Grat zwi­schen Über­heb­lich­keit und „Licht unter den Sche­mel stel­len“ ist schmal.
  • Pro­vo­ka­ti­ve Fra­gen durch­aus auch wür­di­gen, sie als guten Bei­trag be­trach­ten und als Ge­le­gen­heit, sich selbst in Frage zu stel­len und Lern­be­reit­schaft zu zei­gen.
  • Kan­di­da­ten soll­ten grund­sätz­lich zei­gen, dass sie ihr Ver­hal­ten re­flek­tie­ren, spon­tan und zwi­schen­mensch­lich agie­ren und Kri­tik ernst neh­men.
  • Bei Fall­fra­gen soll­ten Be­wer­ber sich Zeit las­sen und zu­nächst ver­su­chen, die Si­tua­ti­on zu ana­ly­sie­ren. Gerne auch mit lau­tem Den­ken und dass Ge­gen­über an den Über­le­gun­gen teil­ha­ben las­sen.
  • Zei­gen, dass man Kri­tik ernst nimmt, auf Ar­gu­men­te ein­geht, keine Scheu vor neuen Lö­sun­gen hat und damit Po­ten­ti­al zur Wei­ter­ent­wick­lung be­legt.
  • Ge­las­sen blei­ben und sich dar­über be­wusst sein, dass Be­wer­ber nicht jede Frage be­ant­wor­ten müs­sen. Um Gren­zen zu set­zen, eig­nen sich am bes­ten Rück­fra­gen, die zu einem an­de­ren Thema über­lei­ten.
  • Bei Fra­gen nach dem vor­he­ri­gen Ar­beit­ge­ber neu­tral blei­ben und auf kei­nen Fall schmut­zi­ge Wä­sche wa­schen oder an­de­ren Schuld zu­wei­sen.

 

 

Karin Bacher Consultants
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